Boreout
Definition
Boreout beschreibt einen Zustand chronischer Unterforderung, Langeweile und fehlender Sinnhaftigkeit im Arbeitskontext, der zu psychischer Belastung und gesundheitlichen Beschwerden führen kann. Der Begriff wurde 2007 von Philippe Rothlin und Peter R. Werder geprägt und als Gegenstück zu Burnout popularisiert. Boreout ist kein formell anerkanntes Krankheitsbild, wird jedoch in Arbeits- und Gesundheitskontexten als relevantes Risiko beschrieben.
Ursachen
- Quantitative Unterforderung: dauerhaft zu wenig Arbeitsvolumen oder Leerlaufphasen.
- Qualitative Unterforderung: monotone, zu einfache oder wenig anspruchsvolle Aufgaben; geringe Nutzung eigener Stärken.
- Fehlende Sinnhaftigkeit: geringe Passung zu Werten/Zielen, mangelnde Wirkungserfahrung.
- Strukturelle Faktoren: starre Rollen, fehlende Verantwortungsübernahme, geringe Lern-/Entwicklungsgelegenheiten.
- Verdeckungsstrategien: aus Angst vor Stigmatisierung beschäftigt wirken statt Ursachen zu adressieren.
Symptome und Folgen
- Psychisch: Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, Gereiztheit, Interessenverlust, innere Kündigung.
- Körperlich: Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Magen-/Darmbeschwerden, erhöhte Infektanfälligkeit.
- Verhalten: Prokrastination, Rückzug, Zynismus; Aufrechterhalten einer „busy“-Fassade trotz Unterforderung.
Langfristig können Leistungsfähigkeit, Motivation und Wohlbefinden deutlich abnehmen.
Abgrenzung
- Boreout vs. Burnout: Burnout resultiert primär aus Überforderung und chronischem Stress, Boreout aus Unterforderung, Monotonie und Sinnmangel.
- Brownout: schleichender Motivations- und Energierückgang ohne akute Erschöpfung; kann Übergangsstadium darstellen.
- Mischlagen: In Teams können Über- und Unterforderung parallel auftreten; individuelle Lage sorgfältig klären.
Diagnostik und Einordnung
Boreout ist (noch) kein standardisiertes klinisches Diagnosebild; die Einschätzung erfolgt über Anamnese, Arbeitsanalyse und Symptomcheck (Differenzialdiagnostik zu Depression, Burnout, situativen Belastungen). Relevant ist die Unterscheidung zwischen quantitativer und qualitativer Unterforderung sowie die Passung von Aufgaben, Kompetenzen und Sinn.
Prävention (Organisation)
- Job Design: Anreicherung/Erweiterung von Aufgaben, Verantwortung und Entscheidungsspielräumen.
- Lern-/Entwicklungswege: Weiterbildungen, Projektrotation, Mentoring; klare Ziel- und Wirkungslogik.
- Arbeitskultur: offene Gesprächsformate, psychologische Sicherheit, regelmäßige Feedback- und Entwicklungsgespräche.
- Monitoring: kurze Pulsbefragungen, Real-Time-Feedback, Frühindikatoren für Unterforderung.
Intervention (Individuell)
- Job Crafting: aktive Anpassung von Aufgaben, Beziehungen und Sinnbezug; Stärken gezielt einbringen.
- Kommunikation: Unterforderung adressieren, Verantwortungs- und Projektchancen einfordern.
- Kompetenzaufbau: gezielte Fortbildungen/Stretch-Assignments; interne Wechsel prüfen.
- Coaching/Beratung: Rollenklärung, Sinnarbeit, Prioritäten und Handlungsplan.
- Gesundheit: Tagesstruktur, Bewegung/Schlaf, digitale Pausen; bei depressiver Symptomatik ärztliche/therapeutische Abklärung.
Literatur / Hinweise
- Rothlin, P. / Werder, P. R.: Diagnose Boreout – wenn Langeweile krank macht (Buch, Redline).
- Überblicksartikel in Gesundheits- und Arbeitspsychologieportalen (Boreout: Ursachen, Symptome, Abgrenzung, Maßnahmen).
- Leitfäden von Krankenkassen/Arbeitgeberportalen zu Unterforderung und mentaler Gesundheit.